Deutsche Friedensgesellschaft - Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen Mainz-Wiesbaden

Abschaffung aller Kriegs- und Zwangsdienste

Rede Gernot Lennert, DFG-VK Rheinland-Pfalz bei der Demonstration gegen Gelöbnisse der Bundeswehr, Mainz, 24. Mai 2008

Die militärische Zeremonie am kommenden Dienstag zeigt: Kriegsdienst ist kein Job wie jeder andere, auch wenn sich die Bundeswehr bei ihrer Rekrutenwerbung gerne als normaler Arbeitgeber darstellt. Sie kann immer weniger herunterspielen, worum es geht: Es geht um Krieg, um Töten und Getötet-Werden. Dafür werden besonders befähigte und motivierte Soldaten und Soldatinnen gesucht. Hans-Otto Budde, Heeresinspekteur sagt es ganz offen: „Wir brauchen den archaischen Kämpfer und den, der den High-Tech-Krieg führen kann.“ 2003 verkündete Naumann, der damalige Generalinspekteur der Bundeswehr: „Die Bundeswehr muss die Soldaten wieder mit dem Tod vertraut machen.“

Die meisten Menschen wollen genau das nicht. Sie wollen nicht getötet oder verstümmelt werden, sie wollen nicht herumkommandiert und gedemütigt und zu Tötungsmaschinen gedrillt werden, und sie wollen es auch anderen nicht antun. Deshalb fällt es schon unter normalen politischen und ökonomischen Umständen dem Militär schwer, Freiwillige in großer Zahl zu finden. Deshalb wird zwangsweise rekrutiert. Noch schwieriger wird es, wenn das Militär aktiv Krieg führt. Das Weißbuch der Bundeswehr prahlt: „Die Bundeswehr ist heute weltweit im Einsatz.” Spätestens der Afghanistankrieg hat es unübersehbar gemacht: Die Bundeswehr ist keine Truppe uniformierter Entwicklungshelfer: Sie führt Krieg. Ihr Auftrag ist es, im Ausland Rohstoffe und Transportwege zu sichern und in sogenannten Stabilierungseinsätzen in imperialer Manier Länder zu besetzen.

Aus politischen und militärischen Erwägungen sollen keine sogenannten Wehrpflichtigen in den Krieg geschickt werden. Doch es fällt der Bundeswehr zunehmend schwerer, die gewünschten Freiwilligen zu finden. Einerseits wird immer mehr bekannt, dass Soldaten aus den Auslandseinsätzen tot, verstümmelt oder traumatisiert zurückkommen. Andererseits verringert die demographische Entwicklung die Zahl der für eine Rekrutierung infragekommenden Jugendlichen. Umso aggressiver bemüht sich die Bundeswehr um Freiwillige für den Krieg.

Die Bundeswehr tritt wie nie zuvor im öffentlichen Raum auf. Zusätzlich zu den zahlreichen öffentlichen Gelöbnissen wirbt sie immer offensiver um Soldaten und Soldatinnen für die Auslands- und Kriegseinsätze. Sie zeigt Präsenz auf Messen, Märkten und Volksfesten und drängt sich in Schulen. Nicht zuletzt versucht sie, aus der beruflichen Perspektivlosigkeit und der sozialen Zwangslage vieler jugendlicher Erwerbsloser Kapital zu schlagen. Die Kooperation von Arbeitsagenturen und Jobcentern mit der Bundeswehr ist mittlerweile nichts Neues mehr. Der Sozialabbau erweist sich als wirksame Rekrutierungshilfe. Der Druck auf Arbeitslose, sich zur Bundeswehr zu melden, wächst.

Die meisten Staaten von EU und NATO haben im Zusammenhang mit der Umwandlung ihrer Armeen in Interventionsarmeen den legalen Zwang zum Kriegsdienst abgeschafft. Deutschland gehört zu den Staaten, die zwar einerseits ihr Militär für die Interventionskriege professionalisieren, andererseits aber am Kriegsdienstzwang festhalten. Man fürchtet offenbar, dass sich trotz Hartz IV nicht genügend Freiwillige fürs Töten finden könnten. In den Regierungsparteien wird sogar die Ausweitung des bestehenden Kriegsdienstzwangs zu einer Dienstpflicht für alle Männer propagiert.

Der Kriegsdienstzwang bringt es mit sich, dass sich weiterhin alle männlichen Jugendlichen der demütigenden Prozedur der Musterung durch die Bundeswehr unterziehen müssen. Kriegsdienstverweigerer werden weiterhin mit der, mittlerweile schriftlichen, Gewissensprüfung schikaniert und zur Ableistung eines Ersatzdienstes gezwungen. Zivildienst ist nicht nur Freiheitsberaubung und Ausbeutung. Zivildienstpflichtige müssen im Kriegsfall waffenlosen Kriegsdienst leisten. Gerade im sozialen Bereich vernichtet der Zivildienst reguläre Arbeitsplätze und sorgt für niedrige Löhne.

Seit 2007 werden nach dreijähriger Pause immer wieder totale Kriegsdienstverweigerer zur Bundeswehr einberufen und in Arrestzellen gefangen gehalten. Noch vor einer Woche befanden sich zwei von ihnen in Militärhaft. Matthias Schirmer, der im Arrest in Hungerstreik getreten war, wurde von der Bundeswehr mit Zwangsernährung bedroht, psychisch massiv unter Druck gesetzt und einige Tage lang widerrechtlich von der Außenwelt isoliert. Erst die Intervention eines Bundestagsabgeordneten veranlasste die Bundeswehr zur Einhaltung ihrer eigenen Regeln sowie zu seiner Freilassung am Mittwoch nach 17 Tagen Gefangenschaft. Silvio Walther ist gestern nach 31 Tagen Militärhaft entlassen worden. Er soll sich am Montag wieder in der Kaserne melden und den Kriegsdienst antreten. Er ist entschlossen, alle weiteren Befehle zu verweigern.

Das Verhalten der Bundeswehr gegenüber Kriegsdienstverweigerern und Andersdenkenden beweist, dass sie das Menschenrecht auf Kriegsdienstverweigerung sowie Demokratie und Meinungs- und Gewissensfreiheit noch nicht einmal im eigenen Land beachtet. Umso unglaubwürdiger ist es, wenn sie sich international als Verfechter von Demokratie und Freiheit aufspielt.

Die Bundeswehr wirbt mit ihren öffentlichen Gelöbnissen für Krieg. Krieg ist ein Verbrechen an der Menschheit. Krieg  ist organisierter Massenmord. Krieg schafft die Voraussetzungen für neue Kriege und neue Gewalt. Krieg bedeutet, dass Menschen getötet, verstümmelt und traumatisiert werden.

  • Nein zu den Auslandsinterventionen und Kriegen von NATO und Bundeswehr!
    Ersatzlose Abschaffung aller Kriegs- und Zwangsdienste!
  • Schluss mit der Verfolgung von Totalen Kriegsdienstverweigerern!
  • Freiheit für alle bei der Bundeswehr gefangen gehaltenen Verweigerer!
  • Nein zu den Machtdemonstrationen der Bundeswehr!
  • Nein zu öffentlicher Werbung für Krieg und Militarismus!
  • Nein zur Militarisierung des öffentlichen Raums!
  • Für eine Welt ohne Krieg und Militär!
Letztes Update: 25.05.2008, 22:59 Uhr